Die Bauchtanzaffaire 1

Dingsbums fühlte sich in dieser Zeit dermaßen in die Enge getrieben, daß sie anfing sich auf ihre Art für alles zu entschuldigen was sie tat. Wenn ich die Toilette zu lange gelüftet hatte stellte sie mich zur Rede und belehrte mich: „Wir hatten ausgemacht, daß wir in der kalten Jahreszeit keine halbe Stunde lüften, nachdem wir auf dem Klo waren, sondern nur 5 Minuten! Du hast aber jetzt mindestens 10 Minuten gelüftet. Da heizen wir zum Fenster hinaus! Aber das sage ich dir nicht um dich zu maßregeln, sondern weil wir jetzt umdenken und sparen müssen. Du musst nicht immer glauben ich kritisiere dich, aber wenn ich nichts mehr sagen darf, dann kann ich ja auch gleich für immer schweigen! Also guck nicht so betreten wenn ich mit dir rede“.

Ich rechnete im Stillen nach: Meine Sitzungszeit x Stuhlkonsistenz = Geruchsentwicklung, dividiert durch die Menge der entweichenden Gase aus dem Toilettenfenster, ergibt die Wiederherstellung sauberer Atemluft, die für Erbsenzähler geeignet erscheint. Das musste die Formel sein, nach der ich fürderhin zu handeln hatte...
Gesagt hat mir das eine Kapazität in Sachen geistige Selbständigkeit, die allerdings nicht einmal alleine über die Straße gehen kann, sondern geführt werden muss , sobald ein Fahrzeug in Sicht kommt. Meine Verblüffung kannte keine Grenzen!

Ich muss tatsächlich ein wenig erschrocken gewirkt haben – deshalb war wohl Dingsbums' Redeschwall irgendwie berechtigt. Warum sie allerdings während ihrer Ausführungen, wild mit den Händen in der Luft herumfuchtelte, erschloss sich mir nicht ganz. Hing das nun schon wieder mit ihren Hirnkrämpfen zusammen, oder weil sie heute Nacht wieder einmal keinen Sex bekommen hatte, nachdem sie mir die Kalte Schulter gezeigt und sich umgedreht hatte. Bei ihr war das ein sicheren Zeichen dafür, daß Mann sich um sie bemühen musste!
Nachdem mir mein Troll jedoch abriet mich an sie heranzumachen, ließ ich es lieber bleiben, denn ich bin, wie man mir gesagt hat, extrem überempfindlich in allen Dingen des „praktischen Lebens“.

Das merkte ich besonders deutlich im Rahmen der „Bauchtanzaffaire“, die sich mir nun aus dem Repertoire meines an unmöglichen Erlebnissen reichen Schicksals näherte.
Doch zuerst möchte ich noch vom Auftauchen eines faszinierenden Frauenduos berichten, von dem eine Supergestalt aus meinem früheren Leben zu mir kam.
Es handelte sich um die schöne Uj aus Au. Sie hatte wiederum die kluge und nicht weniger attraktive Stehre im Schlepptau. Die beiden waren gut befreundet ohne lesbisch zu sein und sie genossen das Leben in vollen Zügen und leeren Zimmern. Der Besuch bei einem Künstler stand für die kluge Stehre noch aus.
Ich machte die beiden hübschen mit Nassune und Pansteh bekannt und wir inszenierten einen sagenhaften Verkleidungsabend, bei dem immer eine von ihnen nackt „vortanzen“ musste. Pansteh blieb durchgehend angezogen, damit keine falschen Gedanken aufkamen. Wobei ich mir nicht ganz sicher war, daß die Damen diese „Gedanken“ für falsch gehalten hätten.
Dazu – um den Abend perfekt und noch voluminöser zu gestalten, hatte ich Rikan, eine Freundin Schlaudias gebeten ebenfalls teilzunehmen.

Der daraus entstehende Gesamteindruck hinterließ in meinem drolligen Trollleben einen sehr tiefen Eindruck und ich begann mich plötzlich in meiner Haut sehr sehr wohl zu fühlen.
Es kamen Masken und goldene Umhänge zum Einsatz. Ich verlieh sogar kurzzeitig meinen Zauberstab an jeweils eine oder einen der Mitwirkenden. Die Harmonie der Szenen, die sich im Scheinwerferlicht der Fotolampen abspielten glich einer real gewordenen Fata Morgana des Paradieses auf Erden – und alles geschah in meinem Atelier...
Was die Frauen sich genau vorstellten war mir völlig egal! Im Augenblick waren sie nur schön und wundervoll anzusehen. Manche hatte aber glänzende Augen und gewisse körperliche Merkmale wirkten auf einmal steil oder gebläht und als am Ende alle Frauen nackt waren schmolz ich geradezu in meinen Phantasien dahin...es formten sich die phantastischsten Bilder aus der Zeit heraus, in meinem Holodeck, das nun erfüllt war vom Glück des Seins.

Natürlich gedachte ich dabei Peter Paul Rubens, der zu seinen Lebzeiten stets 30 Modelle abrufbereit zu seiner beliebigen Verfügung gehabt haben soll. Ich brauchte ihn momentan nicht zu beneiden. Mir reichten deren 4 für den Augenblick. Den Wermutstropfen der Theateraufführung steuerte Dingsbums bei, die, angesichts meiner Dirigenten-Tätigkeit immer aggressiver wurde und andauernd versuchte meine Schauspieler anzugiften. Lieder hatte sie es abgelehnt mitzumachen, da sie momentan mental dazu nicht in der Lage sei.
Daß ich von allen bewundert wurde mochte zu ihrem krassen Seelenunheil beigetragen haben.

Als ich den Höhepunkt meiner Daseinslust erreicht hatte, meldete sich am nächsteTag noch eine Frau, die meinen Dienst als Künstler in Anspruch nehmen wollte: Die Bauchtänzerin „Lotte Kom“. Sie gedachte sich in einem kleinen Filmchen ihren Schülerinnen vorzustellen. Ich sollte es drehen und dafür wollte sie, aus Geldmangel, mir einen anderen Dienst erweisen...was ich gerne annahm.
Er sollte a). aus einer Vorführung bei einem meiner damals häufigen Atelierfeste bestehen und b). aus einer Teilnahme an einer meiner inzwischen „berühmten-berüchtigten“ Fotosessions als Model.
Ich überflog kurz ihre Figur, überdachte die Misere und kam zu dem Entschluss, daß sie sich wohl am besten in ihrer Bauchtanzmontur zeigen solle.

Das Filmen verlief problemlos. Nach einigen Neustarts hatten wir einen ansprechenden Streifen erzeugt, der sich sehen lassen konnte! Lotte stellte sich ausgezeichnet dar, war freundlich, um nicht zu sagen freundschaftlich und sie freute sich schon auf die anderen beiden Events.

Zu der Atelierparty hatte ich 40 Leute geladen. Uj erschien, zusammen mit ihrer ständigen Begleiterin Stehre, Pansteh und Perta waren da und sogar Nassune war gekommen. Auch ein stadtbekannter Schriftsteller, der Meiermaxe, war mit zugange, einige Bewunderer meiner Kunst, Freunde und potentielle Kunden. Es ging hoch her. Meiermaxe erzählte davon wie gut er Frauen unterdrücken konnte, mein Freund und Trainingskollege Renrew, der Jäger war da, erzählte Schauergeschichten aus seinem Forst und schließlich tanzte, wie wild, die gute Lotte zu orientalischen Klängen über den Dielenboden des Ateliers. Sie erntete frenetischen Beifall – und ich konnte tatsächlich eines meiner Bilder verkaufen.

Dann kam die Quittung für den für mich einträglichen Erfolg und ich wunderte mich womit ich das nun wieder verdient hatte.
Selbstverständlich hatte mich Dingsbums rechtzeitig gewarnt. „Uj“, hatte sie prophezeit, „ist doch nur eine eingebildete Schlampe und die Stehre ist auch nur halb so klug wie du denkst, der Meiermaxe ist ein Idiot, daß du's nur weißt. Ich verstehe nicht wie du deine sogenannte Galeristin Perta und den armen Pansteh, wie auch den rechtschaffenen Renrew in einen solchen Sauhaufen einladen konntest. Auf das verkaufte Bild brauchst du dir also nichts einbilden.
Leider stellte sich über kurz oder lang heraus wie recht Dingsbums doch wieder einmal gehabt hatte. Ich aber versank in einer winzigen Depression, sprach dem Alkohol zu und trank eine Flasche Wein gedankenlos aus!

Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  34

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  34"

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  34

Autor: Sonja Soller   Datum: 30.09.2022 12:25 Uhr

Kommentar: Sehr trubelig!!

Herzliche Grüße aus dem ruhigeren Norden, Sonja

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  34

Autor: Angélique Duvier   Datum: 30.09.2022 13:34 Uhr

Kommentar: Wieder sehr schön geschrieben, lieber Alf!
Leider hat uns Corona erwischt und zwar ziemlich heftig.
Kommen aus Krakau nicht weg, da ich nicht Autofahren kann, bin
im Augenblick kaum im Internet. Liebe Grüße auch an H.

Angélique

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  34

Autor: Alf Glocker   Datum: 30.09.2022 17:37 Uhr

Kommentar: Sonja - Ja, so ein Trolleben hat turbulente Höhepunkte...

Angélique - Heiliger Strohsack! Das hast du jetzt doch wirklich nicht gebraucht...

Herzl Grü aus dem unruhigen Süden von D.
Alf

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